Wendepunkte

Seminar Architektur und Stadt I / III (056-0001-01)
Veranstalter: MAS ETH GTA
Dozierende: Dr. André Bideau, Dr. Susanne Schindler, Marie-Anne Lerjen
Zeit: Freitags, 14.00-17.30 Uhr
Ort: HIT H 42
 

Was bedeutet der «historische Moment» für die Architekturgeschichte? Wie konstituieren sich sogenannte Weichenstellungen, Paradigmenwechsel oder Umbrüche? Dieser Frage geht das Herbstsemester unter Berücksichtigung des Zusammenspiels von Gestaltung, Politik und Ökonomie nach. Zwischen der europäischen Aufklärung und heute werden vier kanonische Jahreszahlen betrachtet – 1789, 1848, 1949, 1973 – und als historische Schwellen begriffen. Denn diese Jahre stehen für politische oder ökonomische Ereignisse, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Produktion, Rezeption und Historiographie der Architektur hatten. Anhand dieser Wendepunkte fragen wir im Seminar danach, wie Geschichte konstruiert wird. Wie gewinnt ein Wendepunkt seine Bedeutung? Wie reagieren Zeitgenossen auf so folgenschwere Ereignisse wie den Sturz der französischen Monarchie oder die Entkopplung des Dollar-Kurses vom Goldstandard? Wie bewerten Wissenschaftler*innen aus (Architektur-)Geschichte, Kulturwissenschaften oder Geografie diesen Moment mit zeitlichem Abstand — kanonisieren ihn sogar?
Das Herbstsemester problematisiert so die Frage von Periodisierung und Kausalität in der Geschichtsschreibung. Konkrete architektonische und städtebauliche Projekte dienen uns als Aufhänger, um die Perspektiven und Annahmen der Autor*innen anhand von Quellentexten und Sekundärliteratur zu hinterfragen und zu überprüfen. Vorträge von Architekturhistoriker*innen geben uns weiteren methodischen und inhaltlichen Anstoss in dem Versuch, unsere eigenen Positionen als Geschichtsschreibende zu reflektieren.